Montag, 2. November 2009

Katholischer Antijudaismus und der Holocaust

„Das Dritte Reich ist die erste Macht, die die hohen Prinzipien des Papsttums nicht nur anerkennt, sondern auch praktiziert.”
Ritter des Malteser Ordens Franz von Papen
Der Völkische Beobachter, 14.01.1934


Adolf Hitler selbst rechtfertigt in einem Gespräch mit Bischof Berning von Osnabrück vom 26.4.1933 die Judenverfolgung damit, „dass er gegen die Juden nichts anderes tue als das, was die Kirchen in 1500 Jahren gegen sie getan habe.” (Friedrich Heer, Gottes erste Liebe, Berlin 1981, S. 406)

Ein Blick in die Konzils- und Synodengeschichte der Kirche gibt Hitler recht, wenn er im Hinblick auf die Judenverfolgung an Papst Pius XII. schreibt: „Wir setzen fort das Werk der Katholischen Kirche” (Wochenpost, 12.4.95).

„Was die Juden betrifft, führe ich nur dieselbe Politik fort, die die katholische Kirche sich seit 1500 Jahren angeeignet hat ... indem sie Juden als gefährlich beurteilte und sie in Gettos etc. verstieß ... weil sie wußte, wie die Juden seit jeher wirklich waren ...” (Conway, The Nazi Persecution of the Churches, S. 25, 26)

1936 hatte Bischof Berning von Osnabrück über eine Stunde lang mit dem Führer gesprochen. Hitler versicherte Seiner Gnaden, es gebe keinen wesentlichen Unterschied zwischen dem Nationalsozialismus und der katholischen Kirche. Hatte nicht die Kirche, so argumentierte er, die Juden als Parasiten betrachtet und sie in Ghettos zusammengepfercht? „Ich tue nur“, so rühmte er sich, „was die Kirche seit fünfzehnhundert Jahren getan hat, nur gründlicher.“ Da er selbst ein Katholik sei, sagte er zu Berning, „bewundere er das Christentum und möchte es fördern“. (Peter de Rosa, Gottes erste Diener – Die dunkle Seite des Papsttums, (Knaur-Taschenbuch 1991), S. 245-246)

„Keine der antijüdischen Maßnahmen des NS (Kennzeichnung durch besondere Kleidung, Ausschluß von Berufen, Mischeheverbot, Plünderungen, Vertreibungen, KZs, Hinmetzelungen, Verbrennungen) war neu. Dies alles gab es schon im christlichen Mittelalter (das große vierte Laterankonzil, 1215!) und in der christlichen Reformationszeit.” Hans Küng, Theologe


Raul Hilberg hat eine zweiseitige Gegenüberstellung der kanonischen und nazistischen antijüdischen Maßnahmen in seinem Buch „Die Vernichtung der europäischen Juden” veröffentlicht:

Kanonisches RechtNazimaßnahmen
Verbot der Ehe und des geschlechtlichen Verkehrs zwischen Christen und Juden (Synode von Elvira, 306)Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre, 15. Sept. 1935 (RGBl I. 1146)
Verbot der gemeinsamen Speiseneinnahme von Juden und Christen (Synode von Elvira, 306) Juden wird der Zutritt zu Speisewagen der Eisenbahn untersagt (Verkehrsminister an Innenminister, 30. Dezember 1939, Nü.Doc.: NG-3995)
Juden ist es nicht erlaubt, öffentliche Ämter zu bekleiden (Synode von Clermont, 535)Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums , 7. April 1933 (RGBl. I, 175)
Juden ist es nicht erlaubt, christliche Knechte, Mägde oder Sklaven zu halten (3. Synode von Orleans, 538)Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre [welches den Deutschen untersagt, Juden anzustellen], 15. Sept. 1935 (RGBl I. 1146)
Juden ist es nicht erlaubt, sich während der Karwoche auf den Straßen zu zeigen (3. Synode von Orleans, 538)Polizeiverordnung zur Ermächtigung der Lokalbehörden, Juden an bestimmten Tagen (d. h. an Nazi-Feiertagen) von den Straßen zu verbannen, 28. Nov. 1938 (RGBl. I, 1676)
Verbrennung des Talmud und anderer jüdischen Schriften (12. Synode von Toledo, 681) Bücherverbrennungen in Nazideutschland
Christen ist es untersagt, jüdische Ärzte zu Rate zu ziehen (Trullanische Synode, 692)4. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. Juli 1938 (RGBl. I, 969)
Christen ist es nicht erlaubt, bei Juden zu wohnen (Synode von Narbonne, 1050)Anordnung Görings vom 28. Dez. 1938, wonach Juden in bestimmten Häusern zu konzentrieren seien (Bormann an Rosenberg, 17. Jan. 1939, Nü.Doc.: PS-69)
Juden müssen gleich Christen den Kirchenzehnt entrichten (Synode von Gerona, 1078)Die »Sozialausgleichsabgabe« vom 24.␣Dez. 1940, wonach Juden als Ausgleich für die den Nazis auferlegten Parteispenden eine besondere Einkommensteuer zu entrichten haben (RGBl. I, 1666)
Verbot der Sonntagsarbeit (Synode von Szabolcs, 1092)
Juden dürfen Christen nicht anklagen und können nicht Zeugen gegen Christen sein (3. Lateranisches Konzil, 1179, Kanon 26)Vorschlag der Parteikanzlei, Juden die Erhebung von Zivilklagen zu verbieten, 9. Sept 1942 (Bormann an Justizministerium, 9. Sept 1942, Nü.Doc.: NG-151)
Den Juden ist es verboten, ihre zum Christentum übergetretenen Glaubensbrüder zu enterben (3. Lateranisches Konzil, 1179)Ermächtigung des Justizministeriums, Testamente, die das »gesunde Volksempfinden« beleidigen, für nichtig zu erklären, 31. Juli 1938 (RGBl. I, 973)
Juden müssen ein Unterscheidungszeichen an ihrer Kleidung tragen (4. Lateranisches Konzil, 1215. Als Vorbild diente ein Erlass des Kalifen Omar I., 634-44, wonach Christen blaue und Juden gelbe Gürtel zu tragen hatten)Verordnung vom 1. Sept. 1941 (RGBl. I, 547)
Verbot des Synagogenbaus (Konzil von Oxford, 1222)Zerstörung von Synagogen im gesamten Reich am 10. Nov. 1938 [Reichskristallnacht] (Heydrich an Göring, 11. Nov. 1938, Nü.Doc.: PS-3058)
Christen ist es nicht erlaubt, an jüdischen Feierlichkeiten teilzunehmen (Synode von Wien, 1267)Verbot freundschaftlicher Beziehungen zu Juden vom 24. Okt. 1941 (Gestapo-Anordnung, L-15)
Juden dürfen mit einfachen Leuten nicht über den katholischen Glauben disputieren (Synode von Wien, 1267)
Juden dürfen nur in Judenvierteln wohnen (Synode von Breslau, 1267)Heydrich-Befehl vom 21. Sept. 1939 [Juden sind verpflichtet, in Ghettos zu leben] (PS-3363)
Christen ist es nicht erlaubt, Grund und Boden an Juden zu verkaufen oder zu verpachten (Synode von Ofen, 1279)Verordnung vom 3. Dez. 1938, die den Zwangsverkauf jüdischen Grund und Bodens vorsah (RGBl. I, 1709)
Übertritt eines Christen zum Judentum oder Rückkehr eines getauften Juden zu seiner früheren Religion ist wie erwiesene Häresie zu behandeln (Synode von Mainz, 1310)Der Übertritt eines Christen zur jüdischen Religion setzt ihn der Gefahr aus, als Jude behandelt zu werden; Urteil des Oberlandesgerichts Königsberg, 4. Zivilsenat, vom 26. Juni 1942 (in: Die Judenfrage, Vertrauliche Beilage, 1. Nov. 1942, S. 82, 83)
Verkauf oder Verpfändung kirchlicher Gegenstände an Juden sind verboten (Synode von Lavaur, 1368)Gesetz vom 6. Juli 1938 über die Auflösung jüdischer Grundstücks- und Immobilienagenturen sowie jüdischer Heiratsvermittlungsinstitute, die an Nichtjuden vermitteln (RGBl. I, 823)
Juden dürfen nicht als Unterhändler bei Verträgen zwischen Christen, insbesondere nicht als Vermittler von Ehen auftreten (Konzil von Basel, 1434, XIX. Sitzung)
Juden dürfen keine akademischen Grade erwerben (Konzil von Basel, 1434, XIX. Sitzung)Gesetz gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen vom 25. April 1933 (RGBl. I, 225)


(nach: R. Hilberg, Die Vernichtung der europäischen Juden. Die Gesamtgeschichte des Holocaust, Berlin 1982, S.15f.)

Ergänzend könnte man hinzufügen:

Massenvernichtung der Juden während der Kreuzzüge. Das 4. Laterankonzil fordert 1215 alle weltlichen Behörden auf, „die Ketzer auszurotten“, 1478 beginnt die Inquisition, in deren Verlauf unzählige Juden auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden – ihr Vermögen wird beschlagnahmt.Hitlers Endlösung sah die systematische Ausrottung des gesamten europäischen Judentums vor. Im Verlauf der Durchsetzung beraubte man sie ihrer Häuser, ihrer Arbeit, all ihrer Güter (selbst die Goldfüllungen in ihren Zähnen nahm man heraus) und letztendlich auch ihres Lebens. Hitlers Rechfertigung für all das? „Dies ist der Wille Gottes und die Mission der Kirche“


RAUL HILBERG: „Die Ziele des Antisemitismus”

[...]

Der Holocaust war nur der logische Schlusspunkt einer langen Vorgeschichte. Er war kein absolutes „Novum”, kein „Betriebsunfall”, keine „Katastrophe” usw. Die deutsche Bürokratie konnte ihn nur darum so schnell und gründlich durchführen, weil sie auf jahrhundertelange Erfahrungen der Kirche mit diesem Vorgehen zurückgreifen konnte.

Das kanonische Recht der katholischen Kirche enthält sämtliche Maßnahmen, die die Nazis übernahmen:

• Ghettos (Judenviertel),
• Boykott jüdischer Geschäfte,
• Synagogen in Brand stecken,
• Enteignungen,
• gelbe Sterne,
• Schriften verbrennen,
• aus Ämtern entfernen,
• Apartheid in Schulen,
• Lager, ...

http://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:Jesusfreund/Judenfeindlichkeit